Distanzierungen 1983

  • Ein paar Distanzierungen aus dem Jahre 1983

    Stichwort: Neonazis

    Stephan: Neonazis sind feige Schweine. Die wollen die Skins praktisch als Dreck sehn, und wenn sie dann die Macht ham‘, dann machen sie die, die ihnen früher geholfen haben, gleich weg. Voll die Bastarde.


    Frage: Anarchie lehnt ihr ab?

    Stephan: Anarchie? Natürlich.


    Frage: Und warum?

    Stephan: Nicht im Grunde. Wenn die Anarchie durchführbar wäre, wär’s nicht das Schlechteste. Aber es ist nicht durchführbar, genau wie der Kommunismus unmachbar ist.


    Frage: Würdet ihr euch selbst als rechts bezeichnen?

    Stephan: Was heißt rechts? Na schon rechts, aber nicht rechts in dem Sinne.


    Frage: Habt ihr das Gefühl, dass die Hamburger Skinheads und Hooligans auch so diskriminiert werden wie ihr?

    Stephan: Die sind wahrscheinlich ’n bisschen rechter als wir’s hier sind. Es ham‘ ja schon einige Leute von den Hamburgern in der Presse Interviews gegeben und sowas, und da stehn wir halt nicht so dahinter, obwohl ich glaub, dass das bei denen auch mehr Provokation ist. Wenn du dich jetzt so mit den Leuten unterhältst, die denken genauso wie wir, nur dieses Adolf-Hitler-Geschwätz und sowas is‘ einfach reine Provokation für mich, da steht im Endeffekt keiner total dahinter.


    Frage: Was haltet ihr denn eigentlich so von den Politikern?

    Stephan: Demokratie ist von der durchführbaren Politik das Beste. Zwar isses direkt auch nicht so ’ne tolle Demokratie, die wir hier haben, aber es is‘ immerhin eine Demokratie […] und das ist nicht schlecht, find ich.


    Stichwort: Entstehung von Ausländerfeindlichkeit

    Stephan: Im Dritten Reich hatten die Juden das Geld, die hatten wahrscheinlich auch Köpfchen gehabt und ham‘ die ganzen Geschäfte besessen, und die Deutschen, die eigentlichen Deutschen, hatten eigentlich nur Arbeiter da, verstehste. Da kommt halt ’n Macker an und sagt: „Hier, so geht das nicht, ihr seid die Deutschen“.


    Frage: Seid ihr Eintracht-Fans irgendwie politisch tätig oder tendiert ihr irgendwohin?

    Stephan: Also 99 Prozent sind nicht politisch organisiert. Es gibt ein, zwei Leute, die in neonazistischen Parteien drin sind. Die Nazis, das ist genauso wie damals mit den Hippies bei den Punks. Die Hippies ham‘ sich bei den Punks eingeschlichen und heute versuchen sich die Neonazis bei uns einzuschleichen. Das merkste ja schon an so Aussagen vom Kühnen, wo er seine zukünftigen Leute sieht: Halt unter Fußballfans und unter Skinheads – und das ist absoluter Schwachsinn. […]

    Wenn es jetzt ’ne Partei gäbe, die meine Interessen total vertreten würde, wie ich denke und wie ich fühle, dann würde ich die auch wählen und dann würd‘ ich da auch eintreten, aber Neonazis sind vielleicht in der Beziehung mit Ausländern meiner Meinung, aber nur teilweise, aber ich bin doch kein Adolf-Hitler-Fanatiker, ich hab mit dem doch nix zu tun, der war vor 40 Jahren, der interessiert mich doch überhaupt nicht. Wir ham‘ heute ganz andere Probleme, vielleicht auch ähnlich, aber die kann man ganz anders durchsetzen, und ich mein‘: Diktatur brauchen wir bestimmt nicht mehr.


    Frage: Im Stern wurden Borussenfront-Mitglieder als Ordnungskräfte auf NPD-Parteitagen gezeigt. Habt ihr da auch schon mal mitgemacht?

    Stephan: Nee, also die kriegen uns auch nicht dazu. Einer von meinen besten Freunden ist auch in der Partei, aber der belabert mich nicht mit seinen politischen Ideologien oder mit irgendwas anderem, der ist für mich ’n Kumpel von seiner Art her, nicht von seiner politischen Meinung. Die interessiert mich halt nicht in dem Sinne.

    Ich stimm zwar teilweise mit dem überein, aber bestimmt nicht über alles, also ganz und gar nicht über alles. Skinheads ham‘ ihre eigene Meinung, das hat nicht unbedingt was mit Politik zu tun, sondern das ist einfach ’ne Sache von deinem Gefühl her, und das musst du vertreten, und da kann keine Partei kommen oder irgendwelche rechts organisierte Gruppen, das ist absoluter Quark, mit denen können wir überhaupt nichts anfangen.


    Stichwort: Polizei

    Stephan: Bei den Bullen is‘ das genau wie bei allen uniformierten Leuten, die sich einfach nur in ihrer Uniform stark fühlen können.


    Stichwort: Identifikation mit der Frankfurter Eintracht

    Stephan: Du kommst aus Frankfurt, das is‘ nämlich sehr wichtig. Der Frankfurter Nationalstolz ist noch wichtiger als ’n Deutscher zu sein.

    Schneider, „Fußballfanclubs und Rechtsradikalismus“, 1983

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