Die Geschichte Teil 1

  • Die Anfänge

    ..Ich wusste nicht, wohin ich ging, nicht mal, wo ich war, wie ein Schiff ohne Ruder, nichts war klar..


    Sie nannten mich Idiot weil ich die Schule hasste, sie sperrten mich ein, weil ich ihnen nicht passte, ich lebte von Verbrechen, von kleinen Hehlereien, ich hatte schlechte Gesellschaft und zu viele Schlägereien, zu viele Drogen, zu viele Schlägereien, ich war nicht immer Sieger aber viel zu oft dabei.


    Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Knochen splittern, ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Hände zittern…


    Wir hatten wilde Herzen und dachten aus dem Bauch, unser Lehrer war das Leben, die Straße das zu Haus….

    Irgendwas trieb mich voran, manchmal Liebe, manchmal Hass…


    Wir waren jung und stolz, wir hatten nichts zu verlieren, die ersten Tatoos, das erste Mal rasieren, wir waren wilde Jungs, wir hatten viel zu lernen, oft fiel man auf die Schnauze bei dem Griff zu den Sternen….


    Es war schon immer ein besonderer Kick Verbotenes zu tun, Gesetze sind zum Brechen da, dachte ich, und gab meinen Senf dazu, ich stand in Flammen, nichts war mir zu extrem… was man nicht durfte, reizte mich noch mehr, am Rande der Gesellschaft lebt’s sich’s unbeschwert, Übermut tut selten gut, heute weiß ich, was das heißt, damals war’s mir scheißegal, also zahlte ich den Preis…


    Mein Leben war oft wie ein Spiel, wie ‘ne lange Reise ohne Ziel, eine Suche nach dem, der ich bin, die Suche nach dem Sinn…“


    Das singen die Böhsen Onkelz über ihre Kindheit und Jugend.

    Gewalt, Kriminalität und Drogen gehörten schon in ihrer Kindheit zu ihrem Alltag. Sie wuchsen zum Teil in Verhältnissen auf, die wir uns so gar nicht vorstellen können.


    Stephan: „Ich bin in einer Hochhaussiedlung groß geworden. Ich weiß, was da zum Teil abgeht. Ob da einer alle vierzehn Tage vom Balkon springt, oder ob da Schreien aus der Wohnung rauskommt. Ich meine, da interessiert sich doch kein Schwein dafür.“

    Die Schule beendeten sie mit Hauptschulabschluss oder sie wurden vorher noch wegen ihres unmöglichen Verhaltens gegenüber den Lehrern, deren Autorität sie sich auf gar keinen Fall unterwerfen wollten, von der Schule geworfen. Die Tage verbrachten sie damit, sich mit anderen zu prügeln, Bier zu saufen und auch schon härtere Drogen zu nehmen, zu Fußballspielen zu gehen, Zigarettenautomaten aufzuknacken, ihren Eltern und der Polizei aus dem Weg zu gehen.


    Ende der Siebziger hörten sie von den „Sex Pistols“ und waren begeistert. Sie färbten sich die Haare grün, zerrissen ihre Klamotten, steckten sie mit Sicherheitsnadeln wieder zusammen und schockierten das ganze Dorf mit ihrem asozialen Verhalten.


    1980 gründeten sie eine Punkband. Im Winter kamen sie oft an einem Hügel vorbei, an dem die kleinen Kinder Schlitten fuhren und wo sie durch ihr Aussehen als Punks Aufsehen erregten. Außerdem nahmen Stephan, Kevin und Pe den kleinen Kindern öfter mal die Schlitten weg, um ihnen zu zeigen, wer sie sind und wie man richtig Schlitten fährt. Schon bald waren sie dafür bekannt und die größeren Kinder warnten die kleineren vor den Punks mit den Worten: „Vorsicht, da sind die bösen Onkels“. Das gefiel ihnen gut und sie beschlossen, ihre Punkband so zu nennen.


    Dass man Wörter falsch schrieb, war ein Gag aus der Punkbewegung. Und so änderten auch die „Bösen Onkels“ die Schreib- weise ihres Namens, denn die Schule hatten sie alle gehasst, so beschlossen sie, es folgendermaßen zu schreiben: „Böhse Onkäls“, mit h und ä und umgedrehtem k. Die Schreibweise änderte sich im Laufe der Zeit immer mal wieder, bis es bei „Böhse Onkelz“ blieb.


    Sie wollten den Leuten zeigen, dass ihnen die deutsche Rechtschreibung scheißegal war. Damals waren die Jungs zwischen 16 und 19 Jahren alt.

    Die Punkszene bestand zu dieser Zeit aus einem Haufen Jugendlicher, die von der konservativen Gesellschaft und der Politik angekotzt waren, die den Leuten zeigen wollten, dass sie anders sind, die provozieren wollten. Punk sein hieß „anti“ sein. Man war einfach gegen alles.


    Edmund Hartsch: „Absolut respektlos, hundertprozentig dagegen. Gegen wen oder was eigentlich? Das war im Moment noch egal, Hauptsache dagegen. Irgendwas war ja offensichtlich faul“.


    Stephan: „Irgendwie zeigen, dass es noch was anderes gibt, dass die Leute nicht mit allem zufrieden sind.“

    Aber auch damals schon Anti-Nazi. Aber was das wichtigste war: Anti-Normal, Anti-Moral, Anti- Hippie und provokant bis zum letzten. Sie wollten von den Normalbürgern gehasst werden.


    Pe: „Man konnte sich gehen lassen, konnte frech und frei sein, tun und lassen, was man wollte. Eine Rebellion gegen die Moral.“


    Die Böhsen Onkelz brachten in ihren Liedern das zum Ausdruck, was ihr Leben damals bestimmte: Saufen, Feiern, Schlägereien, Gewalt, Frauen, Sex etc. und sie nahmen dabei kein Blatt vor den Mund.


    Pe: „Man machte Lieder über das, was man liebte und über das, was man nicht leiden konnte. Manchmal schoss man dann auch unüberlegt über das Ziel hinaus, was einem dann auch übel heimgezahlt wurde und zum Teil noch wird.“


    In dieser Zeit entstanden hauptsächlich Sauf und Partylieder wie „Mehr Pogo“ oder „Hinein ins schäumende Bier“ und eine Menge Hasslieder. Die Böhsen Onkelz wollten endlich mal über das singen, was sie ankotzte, denn Lieder über Liebe und Frieden gab es ihrer Meinung nach genug. Ihre Lieder waren Wutschreie aus dem Bauch heraus ohne viel Sinn. „Bullenschwein ich hasse dich“, „Kill the Hippies“ „Nazis ins KZ“ etc. schrieen sie von der Bühne. Zu dieser Zeit entstand auch das noch heute immer wieder von der Presse zitierte Lied: „Türken raus!“.


    Ein Lied mit einem ziemlich üblen Text, wie ihn so manche Fascho-Band singt. Aber macht dieses Lied die Böhsen Onkelz gleich zu Faschisten? Dazu muss man erstmal die genaueren Hintergründe dieses Songs betrachten.


    Gonzo: „Wir haben ständig von ausländischen Jugendgangs was aufs Maul bekommen und irgendwo war halt ein Ventil zum Rauslassen. Der Song hat eigentlich keinen politischen Hintergrund. Was da reininterpretiert wurde, ist was ganz anderes, als ursprünglich gemeint war.“


    Stephan: „Man muss sich mal überlegen, wo wir groß geworden sind, und dass wir im Prinzip 17, 18, 19 Jahre lang nicht über den Rand unserer Hochhäuser hinausgucken konnten. Und die Leute, mit denen wir da zu tun hatten, das sind nicht die Ausländer, die du in der Türkei oder sonst irgendwo triffst.“

    Außerdem war das Lied eine wunderbare Provokation an all die „Hippies“ und an die Nazis.



    1981-Kill The Hippies

    Mit Nazisymbolen wurde in der Punkbewegung und später auch in der Skinheadbewegung viel provoziert. Auch die „Sex Pistols“ trugen oft Hakenkreuze an ihren Klamotten, was bei ihnen den einzigen Grund hatte, die alten echten Nazis herauszulocken und zu provozieren.


    Das Stück „Türken raus“ ist nie offiziell auf einer Platte erschienen, denn es war einer der ersten Songs der Onkelz, und zu dieser Zeit konnten sie noch überhaupt keine Instrumente spielen, hatten auch keine vernünftigen, und singen konnten sie erst recht nicht. Viele Lieder hatten nicht mehr als eine Textzeile. Damals gab es auch noch keine richtige Verteilung der Instrumente, es konnte sowieso keiner richtig spielen und dass man Gitarren auch stimmen musste, wusste noch keiner von ihnen.


    Sie spielten nach ihrem eigenen Motto: Es musste so schlecht sein, dass es schon wieder geil war. Das war das, was die Punkmusik, auf jeden Fall damals noch, ausmachte. Leute, die gar nichts konnten stellten sich auf die Bühne und brüllten ins Mikrophon. Und die Onkelz waren verdammt schlecht, aber dabei auch vollkommen von sich selbst überzeugt: Böhse Onkelz — die allergeilsten — die fantastischen Vier!


    Sie selbst waren wohl ihre größten Fans, aber auch die Frankfurter Punkszene fing an, die Onkelz zu lieben. Sie wurden von Mal zu Mal besser. 1982 nahmen die Onkelz ihre erste eigene Single auf. Auf dem Cover war das, in altdeutscher Schrift geschriebene, Böhse-Onkelz-Logo mit dem „Kill the Hippies“-Slogan. Auf der Platte war unter anderem der Anti-Nazi-Song: „SS-Staat“ („SS-Staat im Staate wird’s das noch mal geben, SS-Staat im Staate wir wollens nicht erleben“). Von dieser Single gab es allerdings insgesamt nur zwei Exemplare, denn keiner von ihnen verdiente genug Geld, um die Produktion zu bezahlen.


    Stephan arbeitete als 16-jähriger bei seinem Vater im Puff, dann mal bei einem Reifenservice oder als Wäschefahrer fing eine Ausbildung zum Koch an, flog aber meisten schnell wieder aus seinen Jobs raus und hat nie eine richtige Ausbildung beendet. Kevin war oft arbeitslos, machte aber dann noch eine Ausbildung zum Schiffsmechaniker in Hamburg, die er aber auch nicht beenden konnte, weil er vorher rausflog, arbeitete dann mal bei der Müllabfuhr und hielt sich mit anderen Gelegenheitsjobs über Wasser. Pe machte eine Ausbildung zum Schweißer und arbeitete danach für einen Frankfurter Abflussservice. Gonzo machte eine Ausbildung zum Universalfräser und ging später zur Marine.


    In den Jahren zwischen 1981 und 83 entwickelten sich die Bandmitglieder der Böhsen Onkelz nach und nach zu einigen der wenigen ersten deutschen Skinheads. Die Punkszene hatte sich verändert, sie wurde zu kommerziell, mit den vielen Punks, die neu dazu kamen, ging der Grundgedanke verloren. Die Kleidungs- und Musikindustrie versuchten aus dem Punk ihr Geschäft zu machen. Die neuen Punks kauften ihre Klamotten im Laden, kamen aus Wohlstandsfamilien und manche sogar aus der Hippieszene. Damit konnten sich viele der alten Punks nicht mehr identifizieren, auch die Onkelz und ein Großteil der alten Frankfurter Punkszene nicht. „New Romantic, neo punk, deutsche Welle macht mich krank.“ (Böhse Onkelz 1982).


    Außerdem waren viele der neuen Punks linkspolitisch und sahen das als festen Bestandteil der Bewegung an. Mit Politik konnten aber viele der alten Punks gar nichts anfangen, außerdem stand „links“ für „Hippies“, „Studenten“, „Kommunisten“, „Pädagogen“ und „Langweiler“. Viele Punks, die von Anfang an dabei waren, stiegen zu dieser Zeit aus und fanden zur unpolitischen Skinheadszene, um sich von den „Modepunks“ abzugrenzen.


    Es war aber anfangs noch keine klare Trennung zwischen den beiden Bewegungen, denn sie waren sich ähnlich, die meisten Skins kamen ja schließlich aus der Punkszene. Am Anfang waren Punks und Skins auch immer zusammen gewesen und trafen sich beim gemeinsamen Oi!-Kult. Oi! war Musik für die rebellierenden Kids auf der Straße, vollkommen unpolitisch. „Skins und Punks im Zusammenhalt gegen euch und eure Staatsgewalt“ heißt es in dem „Oi! Oi! Oi!“ Onkelzsong von 1982.


    Die Frankfurter Szene und mit ihnen die Onkelz bestand nun aus Oi!-Punks und Oi!-Skins. Politik spielte (noch) keine große Rolle beim Oi! oder in der Skinheadszene. Noch war es egal, welchepolitischen Einstellungen die Leute hatten, Hauptsache, man konnte zusammen feiern und Bier trinken.


    Stephan: „Es hat irgend jemand damit angefangen, uns hat es interessiert, es hat Spaß gemacht, und der Punk war halt auch schon wieder in die linke Hippieszene reingedriftet, und auf Hippies hatten wir dann auch keinen Bock gehabt, und so kam das eben… Punk war ganz nett und geil, solange man zur Schule ging. Aber dann kam die Lehre. Da ging das mit dem extremen Outfit nicht mehr. Um zu zeigen, dass wir dennoch anders waren, haben wir halt auf Skinhead gemacht, das harte Image noch ein bisschen mehr betont.“


    Pe: „Da sich die Punkszene langsam „links‘ politisierte, suchte man wieder ungebremsten Untergrund und stieß dabei auf das ‚Skinheadtum‘. Man konnte wieder frei atmen und schlug kräftig auf die Kacke.“

    Ein Skinhead (vorher Punk): „Wir haben uns dann für die Onkelz entschieden, nicht weil sie rechts wurden, sondern weil sie unpolitisch blieben und die ganzen Punks nach links abdrifteten“


    Pe 1988: „Das war ein Gefühl. Damals gab’s ja noch gar keine Skinheads, wir waren ja so ziemlich mit die ersten. Die erste Reihe sozusagen. Ich war völlig begeistert davon.“


    Kurze Information über die Skinheadszene:


    Die Skinheadszene entwickelte sich Ende der sechziger Jahre in London.


    Damals war sie eng mit der jamaikanischen Arbeiterbewegung der „Rude-Boys“ verknüpft. Die englischen Jugendlichen begeisterten sich für die Musik der Einwanderer, und sie trafen sich gemeinsam zu Ska und Reggae-Konzerten. Sie nannten sich „Skinheads“ aufgrund ihrer kurzen Haare als Markenzeichen.


    Es war eine bunt gemischte Arbeiterbewegung. Aber erst Ende der siebziger boomte die Skinheadbewegung richtig (durch den Zuwachs von Punks und anderen Kids im Zuge der Oi!-Bewegung) und kam dann erstmals auch nach Deutschland rüber. Linke wie rechte Ideologien waren in der Szene damals verpönt, überhaupt war Politik uninteressant.


    Skinheads, das waren einfach Jugendliche, die für die Arbeiterbewegung standen, „hart“ waren, eine Menge Spaß am Saufen, an Fußballspielen, an Prügeleien und an schwarzer Musik hatten. Erst später wurden mehrere der Skinheads rechtspolitisch, das trifft aber auch heute noch lange nicht auf alle Skinheads zu. Nur etwa zehn Prozent werden zu den Neonazis gezählt, und weitere 40% kann man als „rechts“ bezeichnen. Die meisten anderen bezeichnen sich als „unpolitisch“ und nichtrassistisch, wenige auch als links und antirassistisch.

    Sie bezeichnen die rechtsradikalen Skins, die so genannten „Boneheads“ als keine „echten“ Skins und berufen sich immer wieder auf die Wurzeln der Skinheadszene.)


    Auch für die Onkelz hieß Skin-Sein einfach, für die Arbeiterklasse zu stehen, tanzen, saufen, Spaß haben, auffallen, Leute provozieren und vor allem zusammenzuhalten. Das hatte nichts mit Rechtsradikalismus zu tun. In der Skinheadszene fanden die Onkelz ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl, das ihnen Halt gab, den sie in ihren Familien nicht hatten.


    Stephan 1988: „Für uns war das eine reine Arbeiterbewegung. Das waren halt einfach alles so Mittelklassekids, so ein bisschen Frustration, und das Zusammengehörigkeitsgefühl, das war mehr so was in der Schiene. Und auch die Musik war eben schwarz, wie kann ich denn rassistisch sein, wenn ich Ska gehört habe, oder viel Reggae-Sachen und so?“


    1983 entstand ein Demo-Tape der Böhsen Onkelz, welches sich schnell in den Skinhead und Hooligankreisen verbreitete und die Böhsen Onkelz zu einer der bekanntesten und meist geachteten Skinheadbands machte. Auf diesem Tape war unter anderem auch der zweite Onkelz-Song der sich direkt gegen Ausländer richtete und später auch oft von der Presse zitiert wurde: „Deutschland den Deutschen“.


    Dieser Song erschien aber auch auf keiner Platte und wurde nur ein einziges mal live vorgetragen. Der Song entstand aus der Wut auf die vielen Ausländergangs, mit denen sich die Onkelz immer noch rumprügelten. „..nur bis jetzt haben immer die Kanaken gesiegt..“ hieß es in dem Song. Laut Edmund Hartsch gab es zu der Zeit in keiner anderen Stadt so viel Ausländermafia und soviel Gewalt wie in Frankfurt. Und die Onkelzwaren sauer auf diese Leuten und die ewigen Schlägereien, so dass sie ein solches Lied schrieben.


    Edmund Hartsch über Stephan: „Dass die Ausländer keine Schuld an seinem Schicksal hatten und man sie nicht für all die Missstände im Land verantwortlich machen konnte, wusste er auch damals schon. Trotzdem waren es ihm einfach zu viele… Stephan hatte den Song schnell wieder verworfen, weil er die Zeile ‚Deutschland den Deutschen‘ Scheiße fand. Mit diesem 79er NPD Wahlkampfsslogan würden sie automatisch den Scheitelträgern der FAP oder den Kühnen-Leuten in die Hände spielen.“


    Und das passierte dann auch zum Teil. Vor allem die wenigen Skinheads die zu dieser Zeit schon rechts bis rechtsradikal waren, fanden Gefallen an der Musik der Böhsen Onkelz, und sogar einige rechtsextreme Parteimitglieder tauchten auf den Konzerten auf.


    „Türken Raus“ und „Deutschland den Deutschen“ sind krasse und an sich auch eindeutige Aussagen und werden durch die Umstände, unter denen diese Songs geschrieben wurden, auch nicht besser. Aber aus den Umständen lässt sich vielleicht erklären, wie so etwas entstehen kann.


    Gonzo: „Also, wenn ich das heute höre und wenn ich daran denke, dass das von uns vertont wurde, muss ich ganz ehrlich gesagt kotzen, ich kann’s mir heut nicht mehr anhören, ich kann’s heute in keinster Weise mehr nachvollziehen und würde so was auch heute in keiner Weise mehr machen. Das ist für mich wie ein Teil aus einem anderen Leben, praktisch.“


    Stephan: „Hatten wir indirekt eine politische Aussage in unseren Texten, war uns die nicht so bewusst. Was wir besungen haben, war eigentlich eine ziemlich dumme Reflektion dessen, was uns widerfahren ist. Jeder wird anders groß, hat andere Erfahrungen. Manchmal sagt man was, das man später bereuen kann. Entwicklung muss einem zugestanden werden.“

    Die Punk und Skinheadszene trennten sich 1983 in Deutschland stark, weil einige Skinheads rechtsradikal wurden und weil immer wieder gesagt wurde: Punks sind links und Skins sind rechts.


    Die Medien schmissen alle Skinheads in einen Topf und berichteten immer wieder von „den rechtsradikalen Skinheads“, und zogen so noch mehr Rechte in die Szene und zeigten den Jugendlichen, wie man sich als Skinhead zu verhalten hatte. „In Wirklichkeit waren es gar nicht so viele Skinheads, die Nazis wurden, sondern Nazis, die zu Skinheads wurden“(G. Marshall im Buch „Skinheads“ von Klaus Farin und Eberhard Seidel-Pielen).


    Es passierte dasselbe wie zuvor mit der Punkszene, die Leute wurden plötzlich politisch, (obwohl das vorher nie Thema in diesen Szenen war), aber in die andere Richtung.


    Gonzo 1987: „Die Linken haben sich die Punks unter den Nagel gerissen, und die Rechten versuchen, sich die Skins unter den Nagel zu reißen.“ Viele britische Oi!-Bands trennten sich, als das gleiche einige Zeit vorher in England passierte, weil sie sich nicht konkret zu „links“ oder „rechts“ bekennen wollten und weder als „Kommunisten“ noch als „Nazis“ beschimpft werden wollten. Konzerte, bei denen sich Punks und Skins gemeinsam amüsierten, waren ohne dass es zu Schlägereien kam, kaum noch möglich.


    Die rechstradikalen Skinheads sahen die Onkelz als „ihre“ Band an, gerade wegen „Türken raus“ und „Deutschland den Deutschen“, und den Onkelz war es wohl vorerst egal, wer ihre Musik hörte. Die Onkelz wurden zur absoluten Kultband der Skinheads.


    Stephan: „Wenn wir uns dieser verheerenden Folgen unserer Aussagen bewusst gewesen wären, was da für ein Rattenschwanz dran hängt, dann wäre uns so was nie über die Lippen gekommen. Nicht weil wir so gedacht hätten und zu feige wären, so was zu sagen, sondern wenn man sich das ganze Ausmaß dieser Aussage mal vorstellt, wenn man das ganze Ding erfassen kann, dann sagt man so was nicht, man denkt es nicht einmal.“

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