Gesichter des Todes

  • Den Song findest du auf folgendem Album 2000 - Ein böses Märchen


    Songinfos:

    „Gesichter des Todes“ ist eine Videoreihe (ab 1978, englischer Originaltitel „Faces Of Death“) mit teilweise authentischen, teilweise aber gestellten Aufnahmen von tödlichen Unfällen und Tötungen von Mensch und Tier.

    Laut der Internet Movie Database sind die Videos in 46 Ländern verboten – darunter fällt freilich auch die Bundesrepublik, wo alle Folgen indiziert, drei sogar beschlagnahmt sind.


    Stephan hatte die Grundidee zu dem Song offensichtlich schon früher, denn er erklärte schon 1998 in einem Interview mit der Zeitschrift Break Out, er wolle für „Viva los tioz“ (also das Vorgängeralbum) „auf jeden Fall noch einen Text über das ganze Informationsentertainment schreiben, über diese Barbara Eligmanns und wie sie alle heißen. Diese ganzen Talkshows und Sensationsreportagen, mit denen man im Prinzip den Tod nach Hause geliefert bekommt und an denen die Leute sich anscheinend in irgendeiner Form ergötzen, kotzen mich doch sehr an. […]


    Wir müssen uns Lieder verbieten lassen, die anscheinend gewaltverherrlichend sein sollen – dann schaltest du die Glotze ein und siehst die Zerstückelten und alle möglichen Gewaltszenarien! Ich meine, da frage ich mich halt, wo das Maß ist und was nicht. Ich bin der Meinung, unsere Texte sind nicht gewaltverherrlichend, sondern zeigen genauso Gewalt auf wie so eine Fernsehsendung“.


    Gonzo ergänzte damals: „Früher gab es immer den schönen Spruch: „Das Fernsehen hat das Leben imitiert“. Tja, und heute imitiert das Leben das Fernsehen. Ich frage mich da dann auch, wo das ganze moralisch hinführen soll“.

    Kommentare der Onkelz zu diesem Song:

    Stephan: Ich finde, dass wir immer perverser werden. Wir stumpfen immer mehr ab und irgendwann sind wir so abgestumpft, dass solche Sachen wie „Gesichter des Todes“ im Fernsehen laufen werden. Solche Sachen werden geguckt, sonst würde es sie nicht geben. Ich hab das Gefühl, wir werden alle zu Voyeuren, Sexisten oder komplett Wahnsinnigen.


    Das ist alles total krank und pervers. Wir entwickeln uns zurück in Richtung Steinzeit. „Big Brother“ ist genau das Gleiche. Wer das anschaut, ist ein Voyeur, genau wie einer, der sich Videos mit echten Todesszenen anschaut.


    Ich weiß nicht, was daran interessant sein soll. Ich mache mir keine Gedanken, warum Leute sich so was anschauen. Sie gucken das, weil sie gestört sind. Weil jemand den Schalter falsch umgelegt hat. Weil ihr eigenes beschissenes Leben so langweilig ist, dass sie sich diesen noch viel langweiligeren Rotz reinziehen. Ich finde die ganze Gesellschaft krank…

    Animalize, 2000


    Stephan: In dem Song geht es um die ganzen „Explosiv“-Geschichten und diese unsäglichen Talkshows, in denen uninteressante Themen befragt werden. Dabei stumpft die Gesellschaft dermaßen ab, dass es darauf hinauslaufen wird, dass wir eines Tages Sachen wie „Gesichter des Todes“ – die Videos werden dem einen oder anderen bekannt sein – im TV sehen werden. Und darauf habe ich keinen Bock. Musikalisch ist „Infotainment“ [Arbeitstitel] ein recht düsteres, getragenes Midtempo-Stück mit viel Groove und einem ungewöhnlich langem Intro.

    Rock Hard, 2000


    Stephan: Ein bitterböser Text über deutsche Talkshows bzw. das unsägliche Reality-TV.

    EMP Magazin, 2000


    Gonzo: Für das Intro zu diesem Song wollten wir ursprünglich einige Livesequenzen aus deutschen Talkshows einbauen. Also setzte ich mich einen Nachmittag hin und sah mir das an – aber das hälst du nicht lange aus! Diese Sendungen sprechen die primitivsten Instinkte an. Das schürt nur Missgunst, Neid und Aggression.


    Stephan: Irgendwann kommt der Tag, an dem wir Todesszenen live auf dem Schirm sehen. Das Publikum wird immer abgestumpfter, weil sich Realitätshorror kaum mehr von Filmeffekten unterscheidet. Diese Zurschaustellung von Trieben macht deutlich, wie krank die Gesellschaft ist.

    Metal Hammer, 2000


    Die dunkle Seite

    Der Unterhaltung

    Quoten für Idioten

    Der Tod kommt nach Haus


    Feige Medien

    Angepaßter Meinungsterror

    Unerträgliches

    Gestellter Applaus


    Analysen

    Ersetzt durch Emotionen

    Futter für Voyeure

    Verarschung von Millionen


    Betroffene Gesichter

    Gespieltes Gefühl

    Biederes Geschwafel

    In einem schlechten Spiel


    Menschliche Tragödien

    Sind ihr Brot

    Ihr Grundsatz lautet

    „Spiel mir das Lied vom Tod“


    Gesichter des Todes

    Wie weit kann man geh’n

    Gesichter des Todes

    Willst Du sie seh’n

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